Vom Losgehen und Ankommen – und wie ich mich auf Fehmarn selbst überraschte

Unter Urlaub versteht ja jeder etwas anderes.  Aber wer sich für Ruhe und Natur, für authentische und unprätentiöse freie Tage interessiert – aus welchem Grund auch immer – der kann auf Fehmarn finden, was es dazu braucht.

OstseeliebhaberInnen wie mich, zieht es auch immer mal wieder auf eine Insel – Erholung ist dort Programm. Man verzichtet so auf lange Anreisen, sucht sich eine Unterkunft außerhalb der Ballungszentren und erwartet nicht viel, außer dem eigenen Alltag zu entrücken.  Gerade in Pandemiezeiten eine Wohlfühllösung.
Offen für vieles, ergibt sich vielleicht etwas, was man nicht geplant oder gebucht hatte, bestenfalls gar nicht buchen kann und überrascht den Geist und weckt kindliche Neugier. So war es bei mir während unserer diesjährigen Sommerferien. Während andere Kite-, Wind-, Wake-, Wingsurfing geniessen, suche ich eher den Knopf zum Ausschalten, statt weiterer Herausforderungen! Und fand genau den beim Wandern im Kreis.

Sicherlich ist auch Glück dabei, was den Startpunkt angeht. Ich startete in Lemkenhafen. Von dort war die erste Etappe am flachen Wasser, hin zum westlich gelegenen Landschaftsschutzgebiet Sulsdorfer Wiek. Außer ein paar neugierigen Schafen und wenigen Radfahrern gab es nichts als Stille. Aus der Ferne leitete der hoch aufragende Leuchtturm Flügge den Weg durch eine herrlich autofreie Zone. Am Weststrand angekommen kann einem dann, je nach Wetterlage, auch schon mal die Gischt ins Gesicht gepustet werden.

Bereits nach wenigen hundert Metern in der Natur, unter tiefhängenden Wolken oder strahlend blauem Himmel, den meditativ repetitiven Wellenschlag am Strand, dem wohltuenden Rhythmus der Bewegung, zieht es einen geradezu weiter. Schritt für Schritt am Meeressaum entlang. Kaum einer kann sich diesem Drang entziehen.  Die Lust auf Weitergehen ist erwacht und egal in wie viele einzelne Etappen man die Umrundung unterteilt, ob man sportlich oder eher philosophisch ambitioniert ist, spielt keine Rolle. Es zählt nur der Moment und das eigene Tempo, Ausgeglichenheit pendelt sich ein. Im Uhrzeigersinn geht es dann ca. 80 km um die Insel und die ist landschaftlich überraschend abwechslungsreich.

Kulturell ist Fehmarn angenehm leise unterwegs. Und doch hat es ein paar Highlights zu bieten, die umso deutlicher heraus ragen und die man auch als Strandläuferin wahrnehmen kann. Wie z.B. das Jimi-Hendrix-Denkmal, dass dessen letzten Auftritt, wenige Tage vor seinem frühen Tod im Jahr 1970 in Deutschland markiert. Oder die vielen Kunst-Tafeln im Osten der Insel, die anzeigen, wo Ernst-Ludwig Kirchner seine Staffelei aufgestellt haben muss bei seinen Inselaufenthalten 1914-18.
Ein Landschaftsschutzgebiet folgt dem anderen.  Wohl dem, der die Unberührtheit der tierischen und pflanzlichen Lebensräume wahrt und respektiert. Attraktive Wege führen auch um diese herum. An etlichen Punkten hätte ich ebenso Lust auf ein Halt und ein paar Skizzen gehabt. Aber es zog mich magisch weiter.
Fehmarn hatte ich so nicht in Erinnerung. Ein Besuch als Schulkind war derart unerfreulich, dass es mich jahrzehntelang dort nicht hinlockte.
Besonders reizvoll war es an der Ostküste. Ausblicke die an Rügen erinnern.  Nicht so imposant, aber sympathisch unaufgeregt, traumhaft schöne Weite.
Demut erfasst einen, wenn man wandernd eine Landschaft für sich entdeckt.
„Bei jedem Schritt mit der Natur bekommt jemand weit mehr als er sucht!“ war schon John Muirs Meinung, Philosoph.
Das dies nicht nur in die Höhe – auf Berge, sondern auch auf dem flachen Land sehr wohl gelten kann, ist sicher. Dass es jedoch einen ganz anderen Charakter bekommt, weil es am Strand, oder Strandnähe entlang geht – ich hatte durchweg linksseitig das Wasser, macht einen Unterschied. Und ein Rundlauf bietet eine weitere Attraktivität: Im Ziel holt man sich bildlich gesehen selber ein! Der beste Moment, Routinen zu überdenken, neue Lebensschwerpunkte in den Blick zu nehmen, Krisen hinter sich zu lassen. Ein Reset!
Was will man meer?